HOLZ

 Der Volkskundler Hermann Wopfner attestierte der Gemeinde Innervillgraten 1932 im zweiten Teil der ‚siedlungs- und volkskundlichen Wanderung durch Villgraten‘ einen – mit einigen Ausnahmen – „stark einheitlichen“ Haustypus, der für „die volkstümliche Bauweise kennzeichnend“ sei. Hier spricht er ganz konkret vom sogenannten Villgrater Holzblockbau, dem wir ja auch in den Almdörfern begegnen und der seine Attraktivität offensichtlich bis heute bewahrt hat. Sicher, er wurde mittels moderner Technologie optimiert. Die gekonnte Verwendung von Holz in all ihren Spielarten spiegelt sich aufgrund dessen in dieser einzigartigen Symbiose von Architektur und Kulturlandschaft wider. 

 Traditionelles Wissen im Umgang mit dem Werkstoff hat für die zahlreichen Tischler und Zimmerleute im Dorf seit jeher unerlässliche Bedeutung. In diesem Zusammenhang ist nicht nur das örtliche Kulturdenkmal Wegelate Säge, eine restaurierte, funktionstüchtige Venezianersäge aus dem späten 19. Jahrhundert zu nennen, die im vorderen Arntal besichtigt werden kann. Hinzuweisen ist auf weitere kleinere Sägewerke, beispielsweise die Schmieder Säge, Galler Säge, Ruschlete Säge, Maxer Säge oder jene beim Badl in Kalkstein, die inzwischen aber teilweise abgetragen wurden. Damit lässt sich eben auch belegen, dass die Holzverarbeitung für die Bergbauern wohl durchwegs selbstverständlich, geradezu lebensnotwendig war. Weitgehend unbekannt ist der Aufsatz ‚Wald und Holz in Villgraten‘ aus der Feder von Volkskundlerin Maria Lang-Reitstätter aus dem Jahr 1937. Sie schrieb über den Villgrater Bauern ganz allgemein:
Aber seine Gedanken sind oft mit dem Wald beschäftigt. Sein Leben hängt ja zur guten Hälfte vom Wald ab. Aus Holz schafft er sich das Haus und die Einrichtung dazu. Aus Holz schafft er sich die meisten Geräte. Den Pfannknecht und das Salzkritl, die Mistkrutte und das Kellkarl (Gefäß für den Schöpfer und Muser), das Krautbrett und den Stibich (Rückenbutte), das Spinnrad und die Wiege, das Kopfbankele und das Fuißstüehle, die Zäune und die Riegel, die Herpfe und den Harpfenstuhl, die Kraxn (Rückentrage) und die Buschnstander (Blumenständer). Und noch vieles andere. Der Villgrater Bauer lebt in der Holzkultur. 

 Diese Aussagen aus den späten 1930er Jahren gelten heute nurmehr in sehr eingeschränktem Maß für die eigenhändige Fertigung von Gebrauchsgegenständen. Geblieben ist dennoch die Kenntnis von den Eigenarten der heimischen Hölzer. Das Fichtenholz, nicht sehr widerstandsfähig gegen Nässe, ist vor allem Brennholz, eignet sich aber auch als Rohmaterial für zahlreiche Geräte, und sei es das Sengsnkrickl (Sensengriff). Birkenholz, von besonderer Zähigkeit, verwendete der Bergbauer für Schlitten und Wagen. Aus Zirbenholz fertigte er laut Lang-Reitstätter die Mehlschaufel, Tschokln (große Holzschuhe zur Stallarbeit) und Kümpfe. Die Lärche liefert zum einen das Pech (Lergant) für die Wundheilung, und ist nach wie vor als Bauholz maßgeblich.
Text Dr. Andreas Rauchegger